Burnout!

Als existenzielle Herausforderung und Erleben von Sinnlosigkeit.

Wie sehen Logotherapeuten und Existenzanalytiker nach Viktor Frankl und Alfried Längle auf Burnout als heute weit verbreitetes Phänomen? Welche Rolle spielen Sinn und Sinnverlust im Arbeitsleben? Kann man Burnout als Ausdruck eines Ungleichgewichts zwischen den Anforderungen des Lebens und den verfügbaren Ressourcen zur Bewältigung dieser Anforderungen verstehen? Welche therapeutischen Möglichkeiten ergeben sich aus dieser Perspektive?

Im Rahmen der Aktionswoche des Bündnisses »Seelische Gesundheit« biete ich für die Logotherapeutische Lebensberatungsstelle eine Gesprächsrunde vor Ort zum Thema »Burnout« an. Wann? Um 19 Uhr am Donnerstag, 17.10.2024. Wo? Lietzenburger Str. 39 in der 4. OG (mit Aufzug).

Inhaltlicher Abriss:

Das Burnout-Syndrom stellt in unserer leistungsorientierten Gesellschaft ein zunehmendes Problem dar. Dieser Beitrag beleuchtet das Phänomen aus der Sicht der Logotherapie und Existenzanalyse, die von Viktor Frankl begründet wurden.

Symptomatik und Diagnostik

Die Kernsymptome des Burnouts umfassen emotionale Erschöpfung, Depersonalisation bzw. Zynismus und reduzierte Leistungsfähigkeit. Aus existenzanalytischer Perspektive manifestiert sich Burnout primär als Mangel an existenziellem Sinn und Erfüllung, begleitet von einem Gefühl innerer Leere.

Die Diagnostik gestaltet sich herausfordernd, da Burnout keine anerkannte klinische Diagnose darstellt. Häufig kommen Fragebögen wie das Maslach Burnout Inventory zum Einsatz. Die logotherapeutische Herangehensweise legt besonderen Wert auf die Erfassung des individuellen Sinnerlebens, wofür spezifische Instrumente wie der Test zur existenziellen Motivation (TEM) verwendet werden können.

Differentialdiagnostik und Phasenmodell

Eine sorgfältige Abgrenzung zu verwandten Störungsbildern wie Depression, chronischem Erschöpfungssyndrom und Angststörungen ist essentiell. Der spezifische Arbeitsbezug des Burnouts dient hierbei als wichtiges Unterscheidungsmerkmal.

Das weithin akzeptierte 12-Phasen-Modell nach Freudenberger und North beschreibt den Verlauf des Burnouts von anfänglichem Überengagement bis hin zur völligen Erschöpfung. Aus existenzanalytischer Sicht lässt sich über diese Phasen hinweg ein progressiver Verlust von Sinn und Erfüllung beobachten.

Ätiologie aus logotherapeutischer Sicht

Die Logotherapie identifiziert einen Mangel an existenziellem Sinn als Hauptursache des Burnouts. Alfried Längle, ein Schüler Frankls, beschreibt Burnout als Folge eines „Schein-Sinns“ – einer oberflächlichen Sinnorientierung ohne echte innere Erfüllung. Weitere ätiologische Faktoren umfassen:

  • Überhöhte Erwartungen und Idealismus
  • Fehlendes Kohärenzgefühl
  • Mangelnde Selbstdistanzierung
  • Verlust der Selbsttranszendenz

Prävention und Intervention

Präventive Ansätze aus logotherapeutischer Perspektive fokussieren auf die Stärkung des Sinnerlebens, die Förderung von Selbstdistanzierung und -transzendenz sowie die Entwicklung realistischer Erwartungen.

Die logotherapeutische Behandlung zielt auf eine Wiederherstellung von Sinnerleben und existenzieller Erfüllung ab. Zentrale Elemente umfassen:

  1. Erarbeitung persönlicher Werte und Sinnmöglichkeiten
  2. Förderung von Selbstdistanzierung
  3. Stärkung der Selbsttranszendenz
  4. Einstellungsmodulation
  5. Dereflexion
  6. Paradoxe Intention

Ergänzend können Entspannungstechniken, Stressmanagement und berufliche Veränderungen in das Behandlungskonzept integriert werden.

Fazit

Die logotherapeutische und existenzanalytische Perspektive bietet einen einzigartigen Zugang zum Verständnis und zur Behandlung von Burnout. Der Fokus auf Sinnfindung und Wertorientierung eröffnet neue Wege in der Prävention und Therapie dieses komplexen Syndroms. Zukünftige Forschung sollte die Wirksamkeit logotherapeutischer Interventionen bei Burnout weiter empirisch untersuchen, um evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen zu ermöglichen.


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